„Silke, das fand ich nicht gut!“

people meeting in room

Genau diesen Satz sagte eine Mitarbeiterin nach einem größeren Meeting zu mir. Sie folgte mir nach der Sitzung in mein Büro – und ließ ihrem Unmut freien Lauf.

Erstmal war ich kurz genervt – denn größere Meetings zu leiten ist anstrengend. Aber dann setzten wir uns hin – und sie erläuterte, was genau sie „nicht gut“ fand. Und warum. Es ging um transparente Kommunikation und die Tatsache, dass ich nur einen bestimmten Personenkreis in ein Projekt involvieren wollte. „Ich finde, darüber müssen alle Leute hier Bescheid wissen!“ – war ihr Argument. Ich habe ihr nach 5 Minuten Diskussion zugestimmt.

Im Nachgang – und mit etwas mehr Ruhe – habe ich mich riesig über die Kritik gefreut.

Warum? Weil die Mitarbeiterin sich „getraut“ hat, mich zu hinterfragen und ihre Gedanken dazu mit mir zu teilen.

Es war sogar doppelt positiv: Nicht nur, dass ich schlaue Menschen im Team habe, die ihren eigenen Blickwinkel mit einbringen – sondern auch, dass wir eine Kultur pflegen, in der es normal ist, auch eine Vorgesetzte zu kritisieren. 

Ich habe mich gefreut, dass wir uns in meinem Team auf Augenhöhe bewegen. Dass wir eine Kultur etabliert haben, bei der Entscheidungen infrage gestellt und Fehler passieren dürfen. Ich habe mich bei der Kollegin bedankt. Und sie im nächsten Meeting vor allen für ihr Verhalten gelobt. Es ist gut & wichtig, Entscheidungen einer Vorgesetzten zu hinterfragen, vor allem aber, dass wir dies zulassen. 

Als Vorgesetzte haben wir nicht per Dekret immer Recht – viele schlaue Menschen im Team helfen mit, den Kurs zu halten.

Dafür wollen sie aber auch verstehen, warum Entscheidungen so und nicht anders getroffen werden. Es hilft uns als Führungskraft, bessere und nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen – kann mitunter aber auch sehr anstrengend sein! 

Manchmal war ich etwas neidisch auf die Kollegen, die sich einfach nur in ihrem Zimmer verschanzt und Anweisungen per Mail versendet haben.

Aber eigentlich war ich unheimlich stolz auf mein Team von „anstrengenden“ Menschen. Die sich nicht gescheut haben, offen ihre Meinung zu äußern und mit eigenen Ideen das Unternehmen voranzubringen.

Und um es am Ende nochmal deutlich zu machen: Ich rede nicht davon, dass plötzlich alle Entscheidungen basisdemokratisch diskutiert und getroffen werden sollen. Sondern vielmehr davon, das Team in die Entscheidungsfindung mit zu involvieren.

Von Silke Kanes

Als ehemalige Vorständin & Aufsichtsrätin - mit langjähriger Verantwortung für digitale Produktentwicklung und agile Transformation - unterstütze ich Unternehmen und deren Führungskräfte bei digitalen und unternehmenskulturellen Herausforderungen.