New Work Recruiting…

Drei Anforderungen, um passende Mitarbeitende zu finden:

Product Owner, Scrum Master, UX-Engineer/Consultant/Researcher, Data Scientist, Design Thinker… wir haben heute eine Vielzahl Berufsbilder, die erst seit wenigen Jahren existieren. Und die sich stetig verändern, weiterentwickeln, neu ausprägen – und in jedem Unternehmen ein klein wenig anders gelebt werden.

Wie findet man nun die richtigen Menschen, um solche Positionen bestmöglich zu besetzen? Sicher können hier mehrköpfige HR-Abteilungen, Headhunter und neuerdings auch KI-basierte Recruiting-Tools und -Plattformen helfen – sofern das suchende Unternehmen überhaupt darüber verfügt.

Das ändert aber auch nichts an der Tatsache, dass es die perfekt passende Kandidatin oder den perfekt passenden Kandidaten für eine ausgeschriebene Stelle nicht gibt. Es bringt aus meiner Sicht wenig, wenn man jemanden sucht, der genau in dem gesuchten Berufsbild schon jahrelange Erfahrungen hat – da es diese nicht gibt bzw. ziemlich sicher anders ausgestaltet waren. Und wenn doch, dann wäre das die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Ich habe in den vergangenen Jahren ein knapp 20köpfiges Team mit solchen „neumodischen“ Positionen in einem mittelständischen, agil arbeitenden Softwareunternehmen aufgebaut. Und fast alle meiner (sehr guten!) Mitarbeitenden selber gesucht, gefunden und auch eingestellt.

In agil arbeitenden Unternehmen braucht man empathische und kommunikationsstarke Menschen, die Visionen erarbeiten, verstehen und transportieren können. Für mich stehen aus diesem Grund weniger das Fachwissen oder die Expertise des Bewerbenden im Vordergrund, sondern vielmehr die Soft Skills und das Potential, welches mein Team und ich in der Person sehen.

Daher kommuniziere ich immer offen und transparent, auch den Bewerbenden gegenüber, dass es aus meiner Perspektive nur drei Anforderungen gibt, die über eine mögliche Einstellung entscheiden.

Anforderung #1 betrifft die Motivation: „Brennt für genau diesen Job“.

Gesucht wird eine Person, die die ausgeschriebene Stelle richtig reizt. Jemanden, der große Lust, Engagement und Motivation für die genannten Aufgaben und Arbeitsweisen mitbringt.

Im Bewerbungsgespräch versuche ich daher herauszufinden, was die betreffende Person an der zu besetzenden Stelle spannend findet, ob sie sich vorab mit dem Markt, den Kundenbedürfnissen, den Mitbewerbern vertraut gemacht hat, wie sie dabei selber vorgehen würde. Hier kann man viel über die Motivation herausfinden, auch über Vorab-Recherche und Interesse an den Methoden und der Arbeitsweise, die der Job mit sich bringt. Ein Leuchten in den Augen und schwärmerisches Erzählen zählt mehr als jedes Jahr Erfahrung an anderer Stelle.

Anforderung #2 berührt Charakter und Persönlichkeit der bewerbenden Person: „Passt ins Team“.

Hier geht es rein um die Chemie zwischen allen Beteiligten. Auch wenn eine Person noch so motiviert und geeignet für eine Stelle ist – solange das Team nicht mit ihr klarkommt, wird keine Seite glücklich. Diese Erfahrung durfte ich (glücklicherweise nicht oft) bereits schmerzlich machen – und daher ist die zweite Bewerbungsrunde meistens ein reiner „Triff das Team“-Termin und hat in der Regel keinen fachlichen Fokus. Das kann z.B. eine lockere Kaffee-Runde einiger Team Mitglieder mit dem Bewerbenden sein, bei der von beiden Seiten beliebige Fragen gestellt werden können. Oftmals werden hier auch private Themen besprochen, aber auch über Klima & Kultur des Unternehmens geplaudert.

Nun fehlt noch der letzte Punkt meiner Anforderungsliste, der in Kombination mit den ersten beiden in der Regel zu super Ergebnissen führt.

Anforderung #3 lautet ganz schlicht: „Grundintelligenz“. Trauen wir der Person den Job zu – auch, sich dort selbständig reinzufuchsen?

Grundintelligenz soll hier nicht despektierlich gemeint sein und ein bestimmtes IQ-Level betreffen. Vielmehr geht es um irgendeine Art Beleg dafür, dass die mir gegenübersitzende Person in der Lage ist, eigenverantwortlich und selbständig den ausgeschriebenen Job zu meistern. Das kann ein (beliebiger) Studienabschluss sein, oder auch vergleichbar Geleistetes an anderer Stelle. Ich habe immer größten Respekt vor Menschen, die eine Vielzahl unterschiedlichster (Neben-)Jobs gemeistert haben und trotzdem die selbst gesteckten Ziele erreicht haben. Bei der Einschätzung dieses Punkts helfen mir meine eigene (Lebens-)Erfahrung und wiederum die Unterstützung von Mitarbeitenden aus meinem Team, denn Bewerbungsgespräche führe ich niemals alleine.

Zusammenfassend kann ich empfehlen: Stellt Bewerbende ein, die riesige Lust auf den Job haben, die euer Team als passend erachtet und denen ihr die jeweilige Herausforderung zutraut!

Ein netter Nebeneffekt dieses Vorgehens zur Zusammenstellung meines Teams ist Diversität. Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen ist ausgeglichen, fast alle haben unterschiedliche Vorerfahrungen / Ausbildungen, einige sind in verschiedenen Kulturen aufgewachsen. Das Team umfasst junge Menschen aus der Generation Z, viele „Millennials“ und auch ein paar ältere Semester aus der „Generation Golf“ (wie mich zum Beispiel 😀).

Zum Abschluss noch ein kurzer Tipp, wo man nach neuen Mitarbeitenden suchen sollte, insbesondere wenn es um Positionen geht, die ein agiles Mindset erfordern:

Setzt bei der Suche euer eigenes agiles Mindset ein und werdet kreativ!

In nur sehr wenigen Fällen habe ich meine Mitarbeitenden über klassische Anzeigen gefunden, sondern meist über „andere“ Wege. Es gibt unzählige Meetups, Konferenzen, Foren über die man interessierte Gleichgesinnte ansprechen kann. Oder man nutzt sein „Personal Branding“ in den sozialen Medien, um für die Position zu werben. Wir haben auch schon mehrfach Handzettel gedruckt und bei Open Spaces ausgehangen / ausgelegt oder bei Uni-Jobbörsen kleine Stände gebucht und „aktive Akquise“ betrieben. Eine tolle Mitarbeiterin habe ich z.B. über mein ehrenamtliches Engagement als „Women-in-Tech“-Mentorin gewonnen.

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern des Artikels viel Erfolg beim eigenen „Recruiten“ und freue mich über Feedback, falls der eine oder andere Tipp helfen kann.

Von Silke Kanes

Als ehemalige Vorständin & Aufsichtsrätin - mit langjähriger Verantwortung für digitale Produktentwicklung und agile Transformation - unterstütze ich Unternehmen und deren Führungskräfte bei digitalen und unternehmenskulturellen Herausforderungen.