Von bösen Rabeneltern… (#Archivfund)

Fried Meat With Potato Fries and Ketchup Dip on Plate

Manchmal möchte man sich und seinen Kindern eine Freude bereiten, und wird dann bitter enttäuscht, dass die Kinder nicht auf diese „Freude“ anspringen.

So erging es uns in den Herbstferien, als wir unseren Kindern (viereinhalb und sechs Jahre) eines Donnerstagabends mitteilten, dass wir noch eine Überraschung vorhaben. Die Spannung war groß und die Zimmer schnell aufgeräumt. Doch als die Nachricht kam, dass wir alle zusammen mal wieder Schnitzel-essen gehen wollten – da gab es sehr lange Gesichter.

Essen gehen? Nein danke.

Trotz Limo, Pommes und Ketchup für die Kinder hatten die sich unter Überraschung doch etwas anderes vorgestellt. Guter Rat war teuer, denn wir Eltern hatten uns schon tierisch auf die leckeren Kalorienbomben gefreut.

Kurzerhand kam die Idee: „Wie wäre es mit einem Video für euch ….und Mama und Papa gehen alleine Schnitzel essen?“ Riesen-Jubel brach los, man war froh, eine solche Lösung gefunden zu haben.

Dann gehen wir einfach mal alleine…

Die Kinder wurden mit Chips und dergleichen versorgt und wir zogen gegen 19 Uhr los in Richtung unseres 200 Meter die Strasse runter entfernten Kneipchens. Dort war nämlich an diesem Abend „Schnitzel-Tag“ – Riesenportionen zu günstigsten Preisen! Leider war es sehr voll dort – und daher dauerte es seine Zeit, bis wir satt waren.

Gerade als wir mit dem Essen fertig waren, kamen Bekannte von uns ins Hinterzimmer der Kneipe und setzten sich an unseren Tisch. Natürlich tranken wir noch ein Bier miteinander und warteten, bis auch diese ihre Schnitzel hatten.

… vergessen ein wenig die Zeit

Ein kurzer Blick auf die Uhr ließ mich dann allerdings zusammenzucken: 21 Uhr. Der Videofilm musste seit einer halben Stunde vorbei sein. Wir diskutierten das Problem kurz am Tisch und kamen überein, dass die Kinder vor dem Video eingeschlafen seien. Ein neues Bier wurde bestellt.

21:30 Uhr: Da kam der Wirt auf einmal ins Hinterzimmer und rief lautstark in die Runde: „Vorne sind zwei Kinder mit zwei Hunden, die ihre Eltern suchen – gehören die zu jemanden?“ Sofortiges Schweigen aller Gäste, kurze Verständigung mit meinem Mann und ein „Äh, die gehören wohl zu uns…“.

Und werden per Suchtrupp abgeholt…

Und da kamen sie auch schon anmarschiert, mit Taschenlampen in der Hand, gezogen von zwei angeleinten Hunden, mit siegessicheren Gesichtern. „Aha, ihr seid noch da, das ist gut. Wir haben uns nämlich schon Sorgen gemacht, ob euch was passiert ist!“

Keine Fragen in Richtung „Wir hatten Angst so alleine“ oder „Wir wussten nicht, was wir machen sollten, als das Video zu Ende war“.

… aus Sorge uns sei etwas zugestoßen!

Nein, unsere Kinder hatten Sorge, dass uns etwas zugestoßen sei – denn so lange dauere es nicht, um Schnitzel zu essen. Da hatten sie dann miteinander diskutiert, dass sie nur rauskriegen, ob uns etwas passiert sei, indem sie mal nachsehen kommen.

Als erstes hatten sie festgestellt, dass die Haustür (wohlweislich!) verschlossen war. Also mussten sie durch den Garten. Der ist aber im Herbst um diese Zeit stockfinster. Also Taschenlampen. Als nächsten hatten sie besprochen, dass es für kleine Kinder viel zu gefährlich sei, alleine im Dunkeln herumzulaufen. Also Hunde mitnehmen. Da sie aber auch an der Straße entlang laufen müssen, um zur Kneipe zu gelangen, haben sie den Hunden Halsbänder angezogen und sie angeleint.

Von einigen Nachbartischen wurden wir wirklich wie die bösesten und gemeinsten Rabeneltern angestarrt. Aber das war uns ziemlich Sch…egal! Wir waren mordsmäßig stolz auf unsere Kinder, die sich ganz alleine so toll zu helfen wussten. Und dabei alles richtig gemacht hatten.

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Kategorisiert in Persönliches

Von Silke Kanes

Als ehemalige Vorständin & Aufsichtsrätin - mit langjähriger Verantwortung für digitale Produktentwicklung und agile Transformation - unterstütze ich Unternehmen und deren Führungskräfte bei digitalen und unternehmenskulturellen Herausforderungen.